Religiöse Motive der Attentäter

Die direkten Täter, als Ausführende, sind meist ledige Männer zwischen 20 und 30 Jahren. Sie sehen sich als „mudschaheddin“, als islamische heilige Krieger. Sie werden von einem fundamentalistischen religiösen Anführer auserwählt und über ihren Kamikaze-Einsatz aufgeklärt. Sie bereiten sich danach auf das Leben im „Jenseits“ vor und nehmen Abschied von ihrer Familie und Freunden. Durch ihren Tod werden sie als „schahid“ (Märtyrer) verehrt. Diese religiösen Führer versprechen den zumeist jungen, unverheirateten und alleinstehenden Märtyrern sieben Belohnungen. Ich zitiere die Zeitschrift Express vom 14. September 2001:

Die Vergebung aller Sünden.
Einen sicheren Platz im Paradies.
Sie werden ruhmreich ausgezeichnet, bekommen den heiligen Stein, den Yaqutah.
Im Paradies bekommen sie 72 der schönsten Jungfrauen als Ehefrauen auf dem Silbertablett serviert.
Sie werden unsterblich sein.
Das jüngste Gericht bleibt ihnen erspart. Jeder Zweifel, ob sie ins Paradies kommen, gehört der Vergangenheit an.
Und zum krönenden Abschluss: Jeder Heilige Krieger darf 70 Familienmitglieder ins Paradies mitnehmen.

Kein Wunder, dass der libanesische Hisbollah-Führer Sayed Hassan Nasrallah im Fernsehen freudig gelacht hat, nachdem sein eigner Sohn von israelischen Soldaten ermordet worden ist ... „

Die Bild-Zeitung bildete auf der Titelseite am 14.9.`01 den Kamikaze-Piloten Atta ab, mit der Schlagzeile „Terror-Bestie, wir wünschen dir die ewige Hölle!“ So eng beieinander liegen in den beiden Religionen (Islam und Christentum) Paradies und Hölle. Beides ist eine Glaubensdoktrin religiöser Vorstellungen, die das Denken ersonnen hat.

In einem Gedenkgottesdienst frug Kardinal Karl Lehmann: „Wo warst du, lieber Gott, in New York und Washington?“ Diese Frage zeigt, dass Gott nicht verstanden wird, weder von den Attentätern, die glauben er sei bei ihnen, noch von den Christen, die glauben er sei nicht bei ihnen gewesen.

Ungläubige sind für den Islam u.a. Christen, eben alle, die nicht dem Koran verbunden sind. Das sollte uns eigentlich vertraut sein, denn das Christentum hat jahrhundertelang Mitglieder anderer Religionen auch als „Ungläubige“ abgewertet und verfolgt. Das sind die elementaren Grundlagen, die wir deutlich sehen müssen: Religionen trennen die Menschen voneinander, umso mehr, je fanatischer an ihre Heilsbotschaft für das spätere Himmelreich, Jenseits oder Paradies geglaubt wird. Das gilt es völlig wertneutral zu sehen und zu verstehen. Fragen Sie sich also, ob Sie selbst frei sind von religiösen Dogmen, denn nur in solcher Freiheit bewahrt man einen klaren Blick.

Damit ich in meiner Einschätzung des Islam nicht missverstanden werde, zitiere ich die Islamwissenschaftlerin Annemarie Schimmel, die viele Bücher über den Islam geschrieben hat: „Der Islam ist eine friedliche Religion. Das können Sie schon am Gruß der Muslime sehen: „salam“, das heißt wörtlich: Friede sei mit dir. Und im Koran steht: „Wer einen Menschen tötet, ohne dass dieser einen Mord oder eine Gewalttat begangen hat, so ist es, als ob er die ganze Menschheit ermordert hat (Sure 5, 32).“ Die Ausbildung von mordenden Kamikaze-Attentätern, die tausenden Zivilbürgern den Tod bringen ist politisch-religiöser Fanatismus, der von der Mehrheit der Muslime nicht akzeptiert, sondern verurteilt wird.

Allerdings müssen wir auch sehen:

Der Sohn des libyschen Staatschefs Muammar Gaddafi, Saif al Islam Gaddafi (29), antwortete im Interview der „Welt am Sonntag“ (11.11.2001) auf die Frage: „Teilen Sie die Befürchtung, dass sich der Konflikt zu einem Religionskrieg zwischen Christentum und Islam entwickeln kann?“

Gaddafi: „Der Religionskrieg hat längst begonnen. Es ist doch offensichtlich, dass die islamischen Länder auf der Seite der Afghanen stehen und europäische Länder an der Seite Amerikas. Ich kann die Europäer nur warnen: Auf den Straßen der islamischen Länder kocht der Volkszorn hoch.“